EM Tagebuch 2021
hier wollen wir Euch täglich über die Micro-EM in Martiques informieren.
Zusätzliche Informationen zu den einzelnen Wertungen findet Ihr auch hier.
Die Vermessungstage
Nach 17 Stunden Fahrt ohne besondere Vorkommnisse erreichten wir Martigues am späten Nachmittag. Jedem, der ein wenig das mediterrane Leben mag, fühlt sich hier sofort wohl. Tolle Architektur, gutes Wetter, leckeres Essen, fantastischer Wein – Was will man mehr?
Für uns begannen die Vermessungstage gut, denn wir waren eine der ersten Crews, die ihr Schiff durch die Vermessung brachten. Kleinere Probleme konnten wir schnell lösen und das Wiegen des Schiffes gestaltete sich schwierig, weil die Gurte zu kurz waren. Am Ende klappte aber alles. Selbst unsere neuen Segel wurden rechtzeitig vom Segelmacher noch direkt in den Klub verschickt. Die restliche Zeit haben wir dann mit putzen und polieren verbracht und das im Klub servierte eiskalte Bier genossen. Welche Wohltat bei 35 Grad im Schatten. Morgen wird unser Schiff gekrant und abends ist dann Eröffnungsfeier.
Auch die höheren Inzidenzswerte hier in Frankreich als in Deutschland machen uns momentan wenig Sorgen. Alle Segler mussten einen Impfnachweis vorlegen und zusätzlich ein ärztliches Gutachten einreichen. Im Klub müssen Masken getragen werden und alle bürokratischen Dinge laufen im Freien ab.
Herzliche Grüße an alle Microsegler in Deutschland.
Das GER222 Team
25.07.2021: Eröffnungsfeier
Nachdem im Laufe des Vormittags auch die letzten Nachzügler der insgesamt 32 startenden Crews ihr Schiff durch die Vermessung gebracht haben, wurden die Schiffe nach und nach ins Wasser gesetzt und mit einem Motorboot an die Bojen gebracht. Alles läuft dabei typisch französisch: Eine Mischung aus vermeintlicher Unordnung und unendlicher Gelassenheit, die dann aber letztendlich doch funktioniert. Man muss halt nur seine typisch deutsche Präzision ein wenig zurückfahren, um damit umgehen zu können. Wir nutzten den Rest des Tages für einen ausgeprägten Mittagsschlaf.
Abends um 19 Uhr begann dann im Freien die Eröffnungsfeier. Nach den üblichen Eröffnungsreden wurden alle Crews vorgestellt und durften in die Kameras winken. Das anschließende einfache aber extrem leckere Buffet mit Blick aufs Wasser bestand aus den Spezialitäten der Region. Wein und eine Sangria-ähnliche Bowle gab es ohne Unterlass bis zum Ende der Feier gegen 22 Uhr.
Morgen starten die Regatten mit einem Practice-Race und dann der ersten Wettfahrt. Der Wetterbericht spricht für die komplette Woche von konstanten Winden zwischen 2 und 4 Bft.
1. Wettfahrttag
Der Tag fing mit einer Hiobsbotschaft an. Die neuen Covidauflagen in Frankreich verlangen nun auch das Tragen von Masken auf dem Klubgelände im Freien. Bei den hier herrschenden Temperaturen ist das nicht sehr angenehm. Zusätzlich wurde das Practicerace gecancelt, da einige Crews ein falsches Certificat Medical hatten und ein neues besorgen mussten. Gegen 14 Uhr ging es dann aber los. Die Thermik des Sees hatte sich aber noch nicht stabil aufgebaut. Die Folge war Winde zwischen 0-3 Bft mit Windlöchern und 90-Grad-Drehern. Wir kamen mit den Verhältnissen überhaupt nicht klar und nahmen jedes sich bietende Windloch mit Bravour mit und wurden letztes gezeitetes Schiff. So wünscht man sich nicht den Anfang einer Regattaserie. Nach dem Zieldurchgang drehte der Wind um 180 Grad und als ob einer einen Schalter umgelegt hat, frischte es auf 4-6 Bft auf. Unter diesen gänzlich veränderten Grundbedingungen wurde ein zweiter Lauf gesegelt. Ein 14. Platz versöhnte uns ein wenig mit dem Tagesbeginn. Für morgen sind zwei weitere Läufe ab 11 Uhr geplant.
2. Wettfahrttag:
Auch am zweiten Wettfahrttag musst sich morgens erst die Thermik durchsetzen. Diesmal hatte die Wettfahrtleitung aber ein Einsehen und ließ uns Segler an Land. Eine Stunde später ging es dann mit konstanten Winden zwischen 3-5 Bft los. Während der Startbereich und Leetonnenbereich in einer eher stärkeren Windzone lag, war an der Luvtonne eher weniger Wind. Wir konnten drei Wettfahrten segeln. Während die 10 Schiffe an der Spitze weitgehend unter sich bleiben, herrscht von Platz 10 bis Platz 25 ein heftiger Kampf. Eine Fehler spült einen schnell mal 10 Plätze nach hinten.
Es ist hartes und anstrengendes, aber ziemlich faires Segeln bis jetzt. Wir können uns ganz gut im Mittelfeld zwischen Platz 15 und 20 behaupten und kämpfen vorallem mit einigen Flyern, zwei exellent gesegelten Neptunes und drei Lucas-Protos. Ein einsames Rennen fährt dagegen die polnische Crew der POL-123. Der nagelneue Proto hat bisher nur erste Plätze ersegelt. Morgen ist die Langstrecke angesagt.
3. Wettfahrttag: Langstrecke
Heute stand die Langstreckenwettfahrt auf dem Programm. Geplant war ein ca 35 Seemeilen langer Kurs in verschiedenen Schleifen über den See. Schon morgens war absehbar, dass die leichten Winde diese Strecke unmöglich machen würden, sodass ein 20 Seemeilen langer Kurs gewählt wurde. Wie immer begann die Langstrecke mit einer sehr kurzen Kreuz nach dem Start, bevor es dann auf den eigentlichen Rundkurs bestehend aus mehreren Tonnen und Gates ging. Die nur ca. 300 Meter lange Kreuz sorgte dafür, dass fast alle Schiffe gleichzeitig die Luvtonne erreichten. Die Folge war ein tumultartiges Chaos von treibenden und sich rammenden Schiffen im Mittelfeld. Nachdem wir uns daraus ganz gut im Feld liegend befreit hatten, machten wir uns auf den langen Weg bei immer mehr nachlassendem Wind. Leider führten zwei taktische Fehlentscheidungen dazu, dass wir doch wieder ein paar Plätze verloren. Wir erreichten gegen 17 Uhr das Ziel als 18. Schiff nach einem langen Segeltag mit (zu viel) Sonne.
4. Wettfahrttag
Der Tag begann mit einer Startverschiebung. Die Wettfahrtleitung hatte aber schnell ein Einsehen und ließ uns zurück an Land. Die Thermik scheint unter bestimmten Bedingungen hier vergleichbar mit dem Gardasee zu sein. Morgens eher leichte Winde, gegen Mittag nachlassend und dann nach einem 180 Grad-Dreher zum Nachmittag hin zunehmend. An Land erwartete uns das volle Coronapaket. Um die typischen Ansammlungen von wartenden Seglern zu vermeiden, wurde das Clubgelände rund ums schwarze Brett zu großen Teilen gesperrt. Wir mussten auf dem Parkplatz bei unseren Autos warten. Das mag hart klingen, war aber sinnvoll. Man muss die Weitsicht und das Organisationsgeschick der Wettfahrtleitung sehr loben. Mit dem einsetzenden Nachmittagswind wurden wir gegen 14 Uhr erneut aufs Wasser geschickt. Zwei unspektakuläre Up- and Down-Wettfahrten rundeten den Tag ab. Wir lieferten wieder Ergebnisse im Rahmen unserer typischen Plätze ab, konnten uns aber um einen Gesamtplatz verbessern.
5. Wettfahrttag:
Der letzte Tag begann schon beim Aufstehen mit einem morgendlichen Gewitter und einer Unwetterwarnung. Am Klub angekommen, kamen die Bekanntmachungen herein, dass die Wettfahrtleitung mit Gewitterstürmen im Laufe des Nachmittags und einer insgesamt instabilen Wetterlage rechnet. Nur noch ein Regattalauf sollte stattfinden und danach die Boote möglichst schnell an Land gebracht werden. Der Lauf fand dann auch dementsprechend unter schwierigen Verhältnissen statt. Der erste Startversuch wurde wenige Sekunden vor dem Start wegen eines 90-Grad-Drehers abgebrochen. Auch der zweite Start und die folgende Startkreuz war von eng begrenzten Drehern von über 90 Grad und Windlöchern geprägt. Wie am ersten Tag kamen wir mit diesen Bedingungen überhaupt nicht zurecht. Wir waren immer da, wo kein Wind war und dieser dann auch noch von vorne kam. Mist. Zumindest hatten wir dann auch wirklich zwei Läufe, dies es sich bei unserer sonst konstanten Serie zu streichen lohnte.
Schön war, dass die Organisatoren eine klare Kranreihenfolge anhand der Anreiseentfernung festgelegt hatten. Das sorgte für wenig Chaos beim Kran. Die doch sehr unter den Covid-Regeln leidende Siegerehrung war schnell vorbei. Damit endete eine schöne Europameisterschaft.
Man kann mit Fug und Recht sagen, dass die Organisatoren das Beste aus den gegebenen Randbedingungen gemacht haben.
Siegerehrung Racer Division:
Siegerehrung Cruiser Division:
Siegerehrung Gesamtwertung: